Auch ohne Annie Lennox hörenswert: Dave Stewart Eurythmics präsentieren im Hamburger Stadtpark zahlreiche bekannte Hits aus den 80er-Jahren
Text von Gérard Otremba, Fotos von Niko Schmuck
All die ganzen Hits. Wer in den 80ern aufgewachsen ist, kam um die Musik von den Eurythmics nicht herum. Seit 1982, als das britische Duo Dave Stewart und Annie Lennox mit „Love Is A Stranger“ den ersten internationalen Single-Erfolg feiern konnte, waren die Eurythmics bis zum Ende des Jahrzehnts auf allen Radiosendern und auf MTV omnipräsent. Da sich Annie Lennox standhaft weigert, dauerhaft auf Tour zu gehen, und Dave Stewart offensichtlich noch ganz viel Lust versprüht, seinen Eurythmics-Backkatalog live aufzuführen, musste sich der 71-Jährige für die seit November letzten Jahres stattfindenden Konzerte gesangstechnisch etwas einfallen lassen.
Dave Stewart und die Frauen
Natürlich ist die charismatische Stimme von Annie Lennox nicht eins zu eins zu ersetzen, das wissen auch Dave Stewart und Vanessa Amorosi, die den Part der Eurythmics-Sängerin am 15.07.2024 bei Auftritt im Hamburger Stadtpark übernahm. Doch verfügt die 1981 in Melbourne, Australien, geborene Sängerin über eine grandiose Blues-Soul-Rock-Stimme, die sie in voller Pracht an diesem angenehm warmen Sommerabend vor circa 2500 Besuchern einzusetzen wusste. Begleitet wurden die beiden in der 90 Minuten währenden Eurythmics-Hits-Show von einer tighten Band, bestehend aus Keyboarderin Hannah Koppenburg, Bassistin Julia Lamb, Indiara Sfair an der Harp, Schlagzeugerin Ellie East sowie Yasmin Ogilvie am Saxophon (alle auch Backing Vocals). Eurythmics-Mastermind und Gitarrist Dave Stewart hat den ein oder anderen Klassiker ganz leicht umarrangiert, aber Hits bleiben Hits. Und davon haben die Eurythmics ganz schön viele in einem Jahrzehnt geschrieben.
Ein Saxophon-Inferno von Yasmin Ogilvie
Mit „Missionary Man“ und „I Need A Man“ ging es gleich voll zur Sache, in „ I Love You Like A Ball And Chain“ glänzte Indiara Sfair mit einem Harp-Solo, danach „Thorn In My Side“ sowie „Love Is A Stranger“ und schon war man wieder mitten in die 80er zurückversetzt (es gab damals auch gute Musik, die der Eurythmics gehörte dazu). Dave Stewart bleibt auch jenseits der 70 ein cooler Typ, der souverän durch das Programm führte, sogar seinen Gitarrenüberbringer Jesse vorstellte (was in der Folge zu lautstarken „Jesse“-Rufe seitens der Fans bei jedem Bühnen-Betreten des Roadies führte) und es sich nicht nehmen ließ, seinen Instrumental-Solo-Song „Lilly Was Here“ (1989 mit der niederländischen Saxophonistin Candy Dulfer aufgenommen) zu spielen, aus dem Yasmin Ogilvie am Ende ein wahres Saxophon-Inferno zauberte. Berührend-intim geriet das schöne „The Miracle Of Love“ (mal ein Nummer-1-Hit in Polen, wie Stewart anmerkte) und unendlich traurig „I Saved The World Today“.
„Sweet Dreams“ am Ende des Dave-Stewart-Eurythmics-Konzerts
Als markante Rockröhre konnte sich Vanessa Amorosi bei „Here Comes The Rain Again“ feiern lassen, auch der Endspurt mit „Would I Lie To You?“ (klasse, dieser an James Brown und die Stones erinnernder Gitarrenriff), „I Want It All“ und „Sisters Are Doin‘ It For Themselves“ war perfekt auf Amorosis Gesangspart abgestimmt. Am Ende eines Dave-Stewart-Eurythmics-Kozerts kann natürlich nur „Sweet Dreams (Are Made Of This)“ stehen, so auch beim Hamburger Stadtpark-Open-Air-Auftritt. Mit Fangesängen und kräftigem Abfeiern des immer noch bekanntesten Eurythmics-Songs. Bedeutete aber auch: Keine Zugaben und leider auch kein „When Tomorrow Comes“, das meiner Meinung nach zu den besten Tracks der Briten zählt. Aber okay, eine tolle Reise in die auch eigene Jugendvergangenheit war dieses Konzert allemal.





















